Oktoberfest – 2022 so war das Fest nach zwei Jahren Pause

von | 4 Okt 2022 | Aktuell, Oktoberfest

Zwei Jahre Pause und „Petrus“ hat wohl vergessen, dass er die Sonnenlichter einschaltet: Mit gefühlten Minusgraden und viel Nass von oben startete und endete das Oktoberfest 2022 in den nassen Herbst. So kalt und ungemütlich, dass auf der Wiesn sogar Glühwein ausgeschenkt wurde. Das ist wohl einer der Gründe, warum die Besucherzahlen im Vergleich zu 2019 zurückgingen.

Auffällig war auch, dass weniger ausländische Gäste das Oktoberfest besuchten. Australier fehlten wohl auffällig mit ihrer guten Laune, aber auch russische Gäste waren weniger vertreten. Dafür kamen viele Gäste aus USA, Schottland, England, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Argentinen und den osteurpäischen Ländern wie Kroatien und der Ukraine. Eine Auswertung der Mobilfunkdaten bestätigt diese Zahlen und auch, dass das Publikum auf der Wiesn deutlich jünger geworden ist. Das Oktoberfest  2022 war ein Fest der Münchner. Gut für alle anreisenden Gäste, da die Hotelkapazitäten in München ausreichend vorhanden waren und dieses Jahr niemand auf die Hotels im Umland ausweichen musste. Bis Montag nachmittag, 03.10.2022 schätzt die Festleitung, dass 5,7 Millionen Gäste das Oktoberfest besuchten (2019: 6,3 Mio). Die Oide Wiesn besuchten rund 230.000 Gäste (2019: 500.000).

Festleiter Oktoberfest Clemens Baumgärtner

Dazu der Festleiter Clemens Baumgärtner: „Die Wiesn ist wieder da. Gäste im siebenstelligen Bereich haben ihre Wiesn gefeiert und gezeigt, wie stark sie ihnen am Herzen liegt. Die Menschen wollen aller schlechten Nachrichten zum Trotz ihre Freiheit und ihren Spaß zurück haben. Dafür war die Wiesn eine machtvolle Demonstration.“




Wenn verwundert es, dass die Gäste bei Schmuddelwetter am liebsten in den Innenräumen, sprich Zelten der Festwiese zu finden waren. 5,6 Millionen Maß Bier wurden ausgeschenkt. Gespeist haben die Gäste am liebsten hochwertige, regionale Gerichte. Auch ist der Trend zu vegetarisch und vegan gestiegen. Viele Standbesitzer boten eine große Auswahl für alle Geschmacksrichtungen an. Kasspatzn rannten dem Schweinebraten den Rang ab. Es gab sogar eine vegane Weißwurst und angeblich auch eine vegane Lachssemmel. Der Glühweinausschank in der zweiten Wiesnwoche wurde zwar nicht so groß angenommen, hier sollte es neue Ideen für 2023 geben.  Auch bei den Souvenirs legten die Gäste mehr Wert auf Qualität. Der offizielle Wiesnmaßkrug mit Wiesnlogo und Wiesnplakat verkaufte sich sehr gut. Wärmendes wie Schals, Hoodies und Socken fanden großen Anklang.

Die Biergärten waren schlecht bis gar nicht besucht. Schade für alle Bedienungen im Freien und für die Standbesitzer, die den großen Flair des Festes ausmachen. Der Straßenverkauf auf dem Oktoberfest hatte dieses Jahr sicher keine goldene Zeit, aber dafür sollte es für das Oktoberfest 2023 eine Neuerung geben, so Baumgärtner.

Das Angenehme in diesem Jahr war, dass man abends nicht vor zugesperrten Zelten wegen Überfüllung stand. Wiesn wie es sich viele Gäste in der Vergangenheit wünschten. Nur an den wenigen sonnigen Tagen füllten sich die Marktstraßen und Bierzelte. Ein Indiz dafür, dass die Wiesn bei besserem Wetter sicher mit mehr Besucherzahlen aufwarten hätte können.

Gesundheit und Corona:

Während des Oktoberfests gab es bei Personal, Sanitätern und Polizei keine Massenausfälle wegen Corona, wie vermutet. Sowohl die Beschicker, als auch Aussteller, Polizei, Aicher Ambulanz und Festbüro meldeten, dass sie die moderaten Ausfälle durch bereits im Vorfeld eingeplanter „Reserve“ gut handeln konnten. Für mich ist das kein besonderes Ereignis: Wer täglich auf der Wiesn ist, hatte auch in der Vergangenheit mit Schnupfen und heiserer Stimme zu rechnen. Jedes Jahr gab es während oder nach der Wiesn den „Wiesnschnupfen“. Kommen doch viele Menschen aus vielen Ländern zusammen und in Feierlaune denkt man nicht immer daran, dass es drinnen warm und draussen kalt sein könnte. ..

Hotel Aicher auf der Wiesn

Die Ambulanz auf dem Oktoberfest führte dieses Jahr zum ersten Mal eine 24 Stunden Betreuung durch. Das lag daran, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser aufgrund der allgemein bekannten Situation von Personalmangel eingeschränkt ist. 355 PatientInnen betreute die Aicher Ambulanz in der Station. Wurden die Patienten in den Vorjahren zur Überwachung und Weiterbetreuung in die Krankenhäuser Münchens transportiert, drehte sich dieser Prozess in diesem Jahr. Aicher Ambulanz erhielt 75% der betreuten Patienten aus dem Stadtgebiet, also von „Übernachtungsgästen“, die nicht auf der Wiesn waren. Insgesamt gab es 27% weniger Patienten. Im Verhältnis zur Gesamtbesucherzahl des Oktoberfests 2022 ist somit ein Rückgang der Notfälle um 10% zu verzeichnen. 1977 mal rückte das Team aus. 45% der Fälle waren durch Alkoholgenuß begründet,  8% durch Herz-Kreislaufprobleme, 3% wegen Gewalt. Besonders stolz ist das Team des Oktoberfests auf die Zusammenarbeit aller Dienstleister. Die Polizei reanimierte einen Angestellten des Oktoberfests und in Zusammenarbeit mit den Sanitätern retteten sie ihm das Leben. Er ist jetzt im Krankenhaus und auf dem Weg der Besserung. Kuriose Verletzungen waren ein im Ganzen verschluckter Hähnchenflügel und ein Gasfeuerzeug. Beide Patienten wurden ins Krankenhaus gebracht und sind nun wohlauf. EIn japanisches Pärchen war sich wohl nicht ganz der berauschenden WIrkung des Biers bewusst und kam volltrunken in die Station. „Hotel Aicher“ betreute die Familie mit den zwei- und fünfjährigen Kindern einen Tag lang in der Oktoberfeststation. Auf der Station arbeiteten 457 nicht medizinisches Personal und 47 Ärzte.  Das neue CT war 200 mal im Einsatz. Glück im Unglück hat vielleicht ein italienischer Gast, bei dem man bei dieser Untersuchung einen Kiefertumor feststellte, von dem er noch nichts wusste. Drücken wir die Daumen, dass dieser frühe Befund zu einem guten Ergebnis führt.

Polizeibericht oktoberfest 2022

Verstärkung von Polizei und Feuerwehr während der Wiesn durch französische und italienische KollegInnen

Polizeieinsätze auf der Wiesn

Ordnerpersonal und Polizei nahmen Andenkenjägern 112.551 Bierkrüge (2019: 96.912) ab. Insgesamt spricht die Polizei von einer friedlichen Wiesn. Bei 1819 Einsätzen wurden 564 Täter aus 62 Ländern mit 21 Festnahmen durchgeführt. Bei den Taschendieben musste leider ein Anstieg von 54% verzeichnet werden. Obwohl auf dem Gelände und im Umfeld der Wiesn verdeckte Ermittler und auch öffentlichkeitswirksame Werbung eingesetzt wurden, ist diese Zahl sehr hoch. 55 Sexualdelikte, davon 3 Vergewaltigungen, 314 Fälle wegen Trunkenheit, 37% weniger Verkehrsdelikte und 311 Führerscheinentzüge stehen in der Polizeibilanz 2022.  Wieder sehr bewährt haben sich die KollegInnen aus Frankreich und Italien.

Fundsachen

3.500 verlorene Dinge wurden in dem Fundbüro der Wiesn abgegeben. Darunter Geldbeutel, Smartphones, Schmuckstücke und ein Gebiß, dass vielleicht ein Gast beim Wiesnhit „Layla“ beim mitsingen verloren hatte?

Energie und Wasser

Der Energieverbrauch auf der Wiesn lag im Vergleich zu 2019 um 1,5% geringer. Der Wasserverbrauch ging im Vergleich um 17% zurück. Insgesamt verbrauchte die Wiesn ca. drei Millionen Kilowattstunden. 40 Gasanlagen aus dem Versorgungsnetz der Theresienwiese versorgten alle großen Küchen und Grillanlagen. Bei 133.000 Kubikmetern verringerte sich dieser um 36% gegenüber 2019. Das Oktoberfest verbrauchte im Schnitt der letzten Jahre 4 GWh Strom. Gemessen am Gesamtverbrauch Münchens entspricht dies einer Zusatzbelastung von 0,6 Promille. Für den Festleiter steht fest, dass diese  sehr geringe Zahl auch eine Weihnachtsbeleuchtung in München rechtfertigen.



Sexuelle Belästigungen auf der Wiesn

Der Anteil sexueller Straftaten in 2021 lag bei 2,1% im Verhältnis zu den Gesamtstraftaten.  Grundsätzlich verzeichnet man deutschlandweit in Diskotheken und auf Festen mit einer höheren Rate an sexueller und fordernder Belästigung. Vielleicht liegt es auch an den vergangenen zwei Jahren, die von Einschränkung und Kontaktbeschränkung gezeichnet waren. Gut, dass es den Safe Space auf der Wiesn gibt, der durch die Organisatorinnen AMYNA e.V., IMMA e.V. und die Beratungsstelle Frauennotruf München geführt werden.

Bericht aus dem Safe Space auf der Wiesn:

43 Prozent mehr Wiesnbesucherinnen als 2019 suchten Hilfe und Unterstützung am Safe Space der Aktion. Insgesamt kamen 426 Frauen* und Mädchen* mit den verschiedensten Anliegen in die Anlaufstelle (2019: 299 Personen). 40 von ihnen waren von sexueller oder körperlicher Gewalt auf der Festwiese betroffen. Am stärksten frequentiert war dabei das mittlere Wiesnwochenende: Am Freitag, 23.09. half das Team vor Ort insg. 68 Besucherinnen, am darauffolgenden Samstag weiteren 60.

Die gestiegene Nachfrage führen die Organisatorinnen AMYNA e.V., IMMA e.V. und die Beratungsstelle Frauennotruf München vor allem auf die intensive Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit im Vorfeld und während der Wiesn zurück. Auch zahlreiche Berichte in regionalen und überregionalen Medien haben den Bekanntheitsgrad des Angebots weiter erhöht. Hinzu kommt die äußerst gelungenen Kooperationen mit den verschiedenen Organisationen, Diensten und Behörden vor Ort, die erneut zahlreiche Hilfesuchende an den Safe Space vermittelten. Insgesamt 30 Mädchen* und Frauen* suchten heuer Hilfe am Safe Space, weil sie auf dem Festgelände sexualisierte Gewalt erlebt hatten. Diese reichte von Grapschereien, „Upskirting“ und unerwünschten Küssen bis hin zu schweren sexuellen Übergriffen. Hinzu kam in 10 Fällen auch körperliche Gewalt, die Besucherinnen erleben mussten. Gerade in diesen Fällen waren die Mitarbeiterinnen am Safe Space besonders gefordert. Nach einer ersten Klärung der Situation, ging es vor allem um eine individuelle Versorgung, Stabilisierung und Beratung, und anschließend um die Organisation eines sicheren Schlafplatzes und Heimwegs sowie um professionelle Nachsorgemöglichkeiten. Zeitintensiv waren außerdem 32 Fälle, in denen andere psychische Krisen Auslöser für den Beratungskontakt waren. Hierbei handelte es sich zum Beispiel um erlebte sexuelle Gewalt in der Vergangenheit, sexuellen Missbrauch in der Kindheit oder psychiatrische Vorerkrankungen.

130 Besucherinnen suchten die Anlaufstelle auf, da sie ihre Freund*innen, Partner*innen oder die Reisegruppe verloren hatten, weitere 21 vermissten wichtige Wertgegenstände (wie Mobiltelefon, Portemonnaie, Ausweisdokumente etc.), die nötig waren, um sicher nach Hause oder ins Hotel zu kommen. Das Team unterstützte die Besucherinnen mit verschiedenen Maßnahmen dabei, die verlorenen Personen, Wertgegenstände oder die Adresse des Hotels etc. wieder zu finden. Außerdem organisierten die Mitarbeiterinnen für die Klientinnen einen sicheren Nachhauseweg z.B. durch Begleitungen, Ausleihe von Geld und Kleidung oder Fahrdienste. Dank des Münchner Taxiunternehmens IsarFunk konnten zahlreiche Frauen* sicher und kostenfrei nach Hause gelangen. An viele weitere Frauen* konnten die sogenannten Frauen-Nacht-Taxi-Gutscheinen des Kreisverwaltungsreferats für einen sicheren Heimweg ausgegeben werden.

27 Mädchen* und Frauen* benötigten Hilfe aufgrund von Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch. In 6 Fällen bestand der Verdacht auf die unwissentliche Einnahme von K.O.- Tropfen.

169 weitere Oktoberfestbesucherinnen kamen aus anderen, „sonstigen“  Gründen zum Safe Space. Manche fühlten sich überfordert von der Größe der Veranstaltung, dem Lärm und den Menschenmengen. Andere hatten beispielsweise Gewalt als Außenstehende miterlebt und benötigten Unterstützung. Wieder andere waren Freundinnen*/Angehörige von Personen, die in der Aicher Ambulanz behandelt wurden und in teils großer Sorge um die jeweilige Person. Insgesamt leistete das Team 1.009 Hilfeleistungen in 426 Fällen.

Vor allem junge Münchnerinnen suchen Hilfe

Auffällig ist, dass sich heuer vor allem Mädchen* und Frauen* aus München und dem Landkreis an die Anlaufstelle wandten. Sie machten rund 45 Prozent aller Hilfesuchenden aus. Touristinnen aus dem Ausland, die in der Vergangenheit meist etwa die Hälfte aller Klientinnen stellten, waren dieses Jahr zu nur 28 Prozent vertreten. Die übrigen Hilfesuchenden stammten aus anderen Teilen Deutschlands. Etwa 80 Prozent der Klientinnen war unter 30 Jahre alt, die älteste Frau* war 70, das jüngste Mädchen* 14 Jahre alt.

Erfreulich ist, dass auch in der zweiten Wiesnwoche weiterhin zahlreiche Klientinnen selbstständig zum Safe Space kamen, um dort Unterstützung zu erhalten. Mit insg. 192 Personen macht diese Gruppe etwa 45 Prozent aus.  Die Besucherinnen hatten über die Öffentlichkeitsarbeit der Aktion, über Social Media oder über die Medien von der Anlaufstelle erfahren und nutzten diese proaktiv.

In weiteren 39 Fällen wurden Mädchen* und Frauen* von aufmerksamen Wiesnbesucher*innen zum Safe Space begleitet. Zahlreiche weitere Klientinnen wurden z.B. über die Wiesnwache (58x), über die Aicher Ambulanz (57x) und über andere Mitarbeiter*innen des Oktoberfestes (wie Wirt*innen, Securities, Bedienungen etc.) an den Safe Space vermittelt (43x).

Offizielle Statistik Straftaten in Deutschland von statista >>




das könnte Sie auch interessieren

immer aktuell - tragen Sie sich in unseren Newsletter ein.

immer aktuell - tragen Sie sich in unseren Newsletter ein.

jede Woche positive Inspiration für Kultur, Freizeit und Urlaub.

vielen Dank, Sie haben sich erfolgreich in unserem Newsletter eingetragen.