München: Seelenleiden erstmals Hauptgrund für Fehltage Jeder fünfte Ausfalltag wegen Psyche – Krankenstand der Landeshauptstadt insgesamt stabil und deutlich unter Landesniveau so die Kernaussage des DAK Gesundheitsreports München.
Der Krankenstand in München ist 2014 im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben. Mit 2,8 Prozent liegt die Landeshauptstadt deutlich unter dem Bayern-Durchschnitt (3,4 Prozent). Nur die Starnberger waren mit 2,6 Prozent etwas seltener krank. Laut DAK-Gesundheitsreport waren damit an jedem Tag des Jahres von 1.000 Münchner Arbeitnehmern 28 krankgeschrieben. Seelenleiden wie Depressionen und Angstzustände waren erstmals Hauptursache für Fehltage. Der höchste Krankenstand in Bayern wurde mit 4,2 Prozent in der Region Bayreuth verzeichnet.
Die aktuelle Analyse der DAK-Gesundheit für die Stadt München zeigt die wichtigsten Veränderungen bei der Zahl und Dauer der Krankschreibungen.
Seelenleiden waren in München erstmals Haupt-Ausfallursache.
Die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen stiegen um mehr als zehn Prozent und waren für knapp jeden fünften Münchner Fehltag verantwortlich.
Zum Vergleich: In den angrenzenden Landkreisen haben psychische Leiden einen geringeren Anteil am Krankenstand. In der Flughafenregion geht zum Beispiel nur jeder achte Fehltag auf ihr Konto. Einige von ihnen holten jedoch auf. Beispielsweise im Landkreis München stiegen Seelenleiden um knapp 17 Prozent und in Dachau sowie Fürstenfeldbruck um mehr als ein Viertel.
Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gingen in der Landeshauptstadt um knapp sieben Prozent zurück und kamen auf Platz zwei. Um zehn Prozent gesunken sind auch die Krankschreibungen wegen Atemwegsbeschwerden wie Erkältungen und Bronchitis. Im Ranking der wichtigsten Krankheitsarten belegen sie den dritten Platz.
„Wir informieren regelmäßig über den Krankenstand in München, um so Impulse für das Gesundbleiben und Gesundwerden der Beschäftigten zu geben“, erklärt Günter Köll von der DAK-Gesundheit die Ergebnisse. Einen Grund für den stetigen Anstieg der Fehltage durch psychische Erkrankungen sieht er in dem zunehmenden Arbeitsdruck.
„In unserer modernen Dienstleistungsgesellschaft ist weniger die körperliche Leistungsfähigkeit entscheidend, sondern zunehmend die geistige“, erklärt Köll. Die Erreichbarkeit von Arbeitnehmern außerhalb der Arbeitszeit nehme zu. „Schon ein mittleres Ausmaß an Erreichbarkeit nach Feierabend ist mit einem erhöhten Risiko verbunden, an einer psychischen Störung zu erkranken.“
Prekäre und kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse verschärften psychische Belastungen. Um längeren Erkrankungen durch seelische Probleme vorzubeugen, könne ein betriebliches Gesundheitsmanagement den betroffenen Mitarbeiten gezielt helfen.
Iris Dawid, Münchner Heilpraktikerin für Psychotherapie, erklärt den Anstieg auch damit, dass gerade München viele Arbeitskräfte anderer Regionen anzieht: „Die meisten kommen zunächst allein. Gerade anfangs müssen sie sich im Job beweisen und stehen unter besonderem Druck. Nach Feierabend fehlt häufig der nötige Ausgleich, da sich ihr soziales Umfeld in dieser Zeit oftmals auf wenige Leute beschränkt.“
Nebenwirkungen von Hirndoping nicht unterschätzen
Die DAK-Gesundheit untersucht in ihrem Gesundheitsreport auch den aktuellen Trend „Hirndoping im Job“. Für die Studie hat die Krankenkasse die Daten ihrer Mitglieder analysiert und bundesweit 5.000 Männer und Frauen repräsentativ befragt. Ein Fazit: In Bayern nutzen 117.000 Beschäftigte mindestens zweimal im Monat verschreibungspflichtige Medikamente, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder Stress abzubauen.
In München dopen sich demnach mehr als 15.000 regelmäßig für den Job. Häufig werden dafür Betablocker und Antidepressiva eingesetzt, aber auch Wachmacher und ADHS-Pillen – Medikamente also, die eigentlich zur Behandlung von Krankheiten verschrieben werden. Auslöser für den Griff zur Pille sind meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung.
„Die Nebenwirkungen und Suchtgefahren sind nicht zu unterschätzen“, warnt Günter Köll. „Deshalb müssen wir auch beim Thema Gesundheit vorausschauen und über unsere Wertvorstellungen und Lebensstilfragen diskutieren.“ Auch Iris Dawid sieht den Einsatz der Medikamente kritisch. „Es ist schlichtweg nicht möglich, das Gehirn dauerhaft zu pushen“, erklärt Dawid. Der anschließende Absturz wäre vorprogrammiert.
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