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Tolstoi: „Krieg und Frieden“ auf der Bühne der Staatsoper

von | 14 Mrz 2023 | Kulturveranstalter

Krieg und Frieden – die Oper in der Bayerischen Staatsoper, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Lew N.Tolstoi. Regie führt Dmitri Tcherniakov, orchestrale Meisterleistung unter der Leitung von Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski.

Ein Opernwerk zu beurteilen, ist meist eine persönliche Geschmacksauslegung. Die Inszenierung von „Krieg und Frieden“ in der Bayerischen Staatsoper gibt jedoch in der Art des Bühnenbilds, der Kostüme und musikalischen Gestaltung viel Freiraum, eigene Schlussfolgerungen aus der Handlung und der Darbietung zu ziehen. So wie die Werke Tolstois zum Nachdenken anregen, seine literarischen Auslegungen sind zeitlos aktuell und führten mich immer wieder dazu, mein eigenes Weltbild zu hinterfragen.  Tolstoi ist ein Humanist. Weshalb für mich die Aufführung der Oper genau der richtige Moment in unserer Zeit ist.  So war ich sehr gespannt auf das Bühnenwerk in München.

Das Opernwerk stammte von Prokofjew, der 1953 starb, ohne seine Oper in der Endfassung je auf der Bühne zu sehen. Während seiner letzten Jahre versuchte Prokofjew immer wieder, trotz seiner Krankheit, das Werk auf einen Abend zu reduzieren. Dementsprechend gibt es eine Unmenge an Möglichkeiten. Nur wenige haben sich mit der Urfassung beschäftigt. Das war die Herausforderung für Dmitri Tcherniako und Vladimir Jurowski. Aus meiner Sicht schafften sie mit Ihrer Inszenierung ein Meisterwerk in allen Bereichen.

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Die Handlung

Wir schreiben das Jahr 1812, als Napoleon Bonaparte in Russland einmarschierte. Im Wechselbad der Handlung taucht man im ersten Teil ein in die gehobene Gesellschaft des damaligen Russlands, der Art von Festen und in eine Liebesgeschichte mit ihren gesellschaftlichen und persönlichen Verstrickungen. Teil zwei der Inszenierung wagt den Schritt in die Propaganda und Grausamkeit von Krieg und seinen gesellschaftlichen Veränderungen. Leise schwingt für mich die Frage einer Passage, eigentlich eines Nebensatzes über die Geschehnisse:  Was ist der Sinn des Lebens?

Mein persönlicher Eindruck

Bühnenbild, Kostüme und Kulisse waren für mich eine gelungene Inszenierung der damaligen Zeit in das hier und jetzt. Der Ort der Geschehen ist der damalige Prunksaal des Hauses der Gewerkschaften in Moskau. Die Kostüme spiegeln die heutige Gesellschaft in ihrer Vielfältigkeit wieder. Was mich dazu brachte, nachzudenken, was sich denn seither wirklich geändert hat?

Die stark emotional ansprechende und miteinander fließende Wirkung von SängerInnen, Staatschor und Staatsorchester erzeugten sogar in manchen Szenen Gänsehaut. Ich hatte das Gefühl, dass fast jede kleine Nuance der Musik sehr bewusst und professionell dargebracht wurde. Man sah, hörte und fühlte dadurch die emotionalen Handlungen der Verzweiflung, Begeisterung und Propaganda auf der Bühne. Ein Meisterwerk an Symbiose – und das bei einer Länge von vier Stunden.   Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski führte das Staatsorchester mit nicht endend wollenden musikalischen Höhepunkten durch das musikalische Meisterwerk des Komponisten Sergej S. Prokofjew. Teilweise entfernt von bisher gewohnten Klängen – teilweise erkennbar – eine sensible Sprache der Musik, die neugierig, aufmerksam und zum Eintauchen einlud. Ein Meisterwerk an Orchesterwerken, insbesondere die Schlussszene.  Der Bayerische Staatschor erfüllte den Saal mit sphärischen Klängen voller Kraft, Olga Kulchynska, Andrei Zhilikhovsky und Arsen Soghomonyan waren in Ihren Rollen als Natascha, Fürst Andrej und Graf Pierre Besuchow einzigartig, so wie auch alle anderen SängerInnen.

Sicher werden sie heraushören, dass ich mehr als begeistert war. Krieg und Frieden in der Bayerischen Staatsoper ist für mich ein „Must see“ in der Opernwelt und  das gerade in der heutigen Zeit. Wobei für mich Kunst und Kultur immer eine Sprache des eigenen Verstehens meiner eigenen Person ist und keine politische Botschaft. Weshalb ich das Stück als allgemein gültiges Werk sehe, losgelöst von jeglichen aktuellen Geschehnissen. Tolstois Werke sind für mich diese Sprache. Die Bücher von Tolstoi regen mich an, meine Weltanschauung über die Gesellschaft, Beziehungen und im Allgemeinen neu zu beleuchten. Für mich reiht sich die Inszenierung „Krieg und Frieden“ an der Bayerischen Staatsoper ebenfalls in diese Art von Werken ein und trifft damit genau den Punkt, der wahrscheinlich auch für Leo Tolstoi Beweggrund seiner Literatur war.
Ihre Birgit M. Widmann

Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Aussergewöhnliche ihren Wert. Oscar Wilde

>> zum Stück auf der Seite der Bayerischen Staatsoper <<

Oper in 13 Bildern (1946)

Eine Koproduktion mit dem Gran Teatre del Liceu, Barcelona

empfohlen ab 16 Jahren

Komponist Sergej S. Prokofjew. Libretto von Sergej S. Prokofjew und Mira A. Prokofjewa nach dem gleichnamigen Roman von Lew N. Tolstoi.
In russischer Sprache. Mit Übertiteln in deutscher und englischer Sprache. Neuproduktion.

 

Vladimir Jurowski (Leitung), Dmitri Tcherniakov (Regie & Bühne), Elena Zaytseva (Kostüme), Gleb Filshtinsky (Licht), Ran Arthur Braun (Kampfcoach), Malte Krasting (Dramaturgie), Andrei Zhilikhovsky, Olga Kulchynska, Alexandra Yangel, Kevin Conners, Alexander Fedin, Violeta Urmana, Olga Guryakova, Mischa Schelomianski, Arsen Soghomonyan, Victoria Karkacheva, Bekhzod Davronov, Alexei Botnarciuc, Christian Rieger, Emily Sierra, Martin Snell, Christina Bock, Sergei Leiferkus, Alexander Roslavets, Oksana Volkova, Elmira Karakhanova, Roman Chabaranok, Stanislav Kuflyuk, Maxim Paster, Dmitry Cheblykov, Nikita Volkov, Alexander Fedorov, Xenia Vyaznikova, Dmitry Ulyanov, Alexander Fedin, Liam Bonthrone, Csaba Sándor, Tómas Tómasson, Alexander Fedorov, Alexandra Yangel, Stanislav Kuflyuk, Bálint Szabó, Granit Musliu, Aleksey Kursanov, Thomas Mole, Kevin Conners, Alexander Vassiliev, Aleksey Kursanov, Csaba Sándor, Liam Bonthrone, Xenia Vyaznikova, Andrew Hamilton, Mikhail Gubsky, Christian Rieger, Jasmin Delfs, Jessica Niles, Solisten des Tölzer Knabenchors, Chor der Bayerischen Staatsoper, Bayerisches Staatsorchester

Foto Copyright: Bayerische Staatsoper, Hoesl

 

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